Energiearbeit im Karate


Es ist nun weit über zwanzig Jahre her, dass ich das erste Mal in so einem lustigen weißen Anzug, gemeinsam mit vielen anderen Menschen, stark schwitzend versucht habe, möglichst koordiniert und zielstrebig meinem Körper Herr zu werden. Der Einfluss dieser Zeit und dessen Auswirkungen auf mein Leben sind unermesslich. Im Nachhinein habe ich immer versucht zu errechnen, wie viele „normale“ Lebensjahre benötigt würden, um all die im Training erlebten Situationen und die damit verbundenen Erfahrungen machen zu können. Im Gegensatz zu den meisten meiner Mitstreiter empfand ich das Ausführen dieser Bewegungen zu keinem Zeitpunkt als Sport. Es gibt sicherlich eine sportlich ausgerichtete Ausführungsvariante, die ich selber einige Jahre intensiv betrieben habe, jedoch als Sportler fühlte und fühle ich mich zu keiner Sekunde. Ich bin der Ansicht, dass der Leistungssport dem Karate sehr dienlich ist und sich unter dessen Einfluss technisch weiterentwickelt hat. Es ist in all den Jahren sehr viel dynamischer und präziser geworden und somit deutlich brillanter. Aspekte, die mich faszinieren.

 

Mir ist es aber wichtig, darüber hinaus zu erkennen, was Karate unter der Oberfläche bewirkt. Den Einfluss, den das Karate auf das Leben außerhalb des Dojos nimmt. Im Beruf, in Stresssituationen, in dem, wie man über die Straße geht oder anderen Menschen begegnet. Wobei ich nun bei den Einflüssen angelangt bin, die meiner Ansicht und Erfahrung nach, im Karate leider nicht oder nur unzureichend beleuchtet werden. Folgende Themen konnte ich weitab vom Karate ausbauen und vertiefen:

- Das Erfahren und Annehmen der energetischen Körper, sowie der Umgang mit ihnen

(Johanna H. Mildenberger, Autorin: Die Seele des Menschen).

- Der Einfluss unserer Empfindung auf unsere Handlung und die sich daraus ergebenden Begrenzungen

(Karl Grunick, Neue Energie TrainingsZentrum).

 

Die Wechselwirkung der von uns ausgehenden Energien auf unsere Umwelt (Menschen, Bäume, Tiere, Pflanzen), deren Wirkung und Einfluss auf uns, ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Auseinandersetzung mit diesen Themen hat mein Karate-Bild nachhaltig bestätigt und gefestigt, sodass sich darauf aufbauend neue Inhalte ergeben, welche ich in mein Training einfließen lasse.

 

Wahrnehmung, Empfindung und Handlung sind die Aspekte, die hierbei im Vordergrund stehen. Sie sind eng miteinander verwoben und bestimmen unser Leben und Erleben. Wir haben aber oft nur unbewusst und eingeschränkt Zugang zu ihnen. Karate ist ein wunderbarer Weg, um Zugang zu diesen Aspekten zu bekommen und diese wieder bewusst einsetzen zu können. Einen Ausgleich zwischen Köper, Geist und Seele herzustellen und diesen neugewonnen Zustand erleben zu können.

Das Ziel besteht darin, über den physischen Körper den Einfluss unseres Geistes zu erleben und darüber Verbindung zu unserem Seelenleben zu ermöglichen.

Für mich ist Karate mehr als Körperbewegung und konditioneller Ausbau.

Es ist:

 

  • Energiearbeit
  • das Erfahren und Erleben meiner eigenen Energie und die meines Gegenübers
  • das Entdecken und Ergründen meiner mir gegebenen Potentiale
  • das Bewusstwerden meines Selbst

-mit allen Ecken und Kanten

-mit allen Stärken und Schwächen

 

  • Leben in seiner reinsten Form
  • Eine geniale Körperschule

 

Ich sehe mein Training in keinem Fall im Gegensatz zu sportlichen oder traditionell ausgerichtetem Karatetraining. Vielmehr verstehe ich es ergänzend zu allen anderen Schwerpunkten. Am Ende sollte alles zusammenfließen: Ein technisch hochwertiges, dynamisches Karate, das auf bewussten Entscheidungen basiert.

 

Die Grundlage für Energiearbeit ist die Erkenntnis, dass alles was uns umgibt, einschließlich uns selbst, unterschiedlichste Formen von Energie ist. Während uns dies bei Licht, Schall- und Radiowellen noch recht leicht fällt, tun wir uns mit greifbaren Gegenständen schon viel schwerer. Aber auch diese scheinbar toten Gegenstände besitzen bei genauem Hinsehen ein ziemlich individuelles Eigenleben. So wie ein Ofen seine thermische Schwingung an seine Umgebung abgibt, so strahlen wir selbst wie ein kleiner Kernreaktor in den unterschiedlichsten Frequenzbereichen.

 

Unsere sprichwörtliche Ausstrahlung.

 

Diese wird maßgeblich beeinflusst durch unsere Gedanken und Emotionen: zwei wesentliche Einflussgrößen, die unser ganzes Leben bestimmen, die wir nicht zu steuern vermögen und denen wir ständig ausgesetzt sind.

 

Und hier beginnt die Energiearbeit.

Wobei hier Arbeit im Sinne von „umgehen mit“ und „herausfinden durch“ steht.

 

Bei dieser Form des Trainings steht nicht der physische Körper im Fokus. Sicherlich bildet der physische Körper eine Schlüsselfunktion, da wir uns nicht nur über diesen ausdrücken, sondern auch über ihn erfahren. Also ein permanenter Austausch mit unserer Umwelt stattfindet. Aber er stellt nicht die Ebene dar, auf der wir „schreiben“ wollen. Die wirklichen Veränderungen in unserem Leben finden auf anderen Ebenen statt. Auf der Mental-, auf der Emotional- oder auf der Seelenebene.

Der physische Körper ist lediglich ein Spiegel dessen. Er drückt aus, was sich auf den dahinter liegenden Ebenen manifestiert hat.

Er ist eine Landkarte unserer Seele. Da der physische Körper der Körper auf der geringsten Schwingungsebene ist, lassen sich Veränderungen nur langfristig realisieren. In einem rein körperlichen Training versucht man eine Veränderung in der Gesamtstruktur über den physischen Körper zu erzielen. Ein Training hingegen, das Zugang auf die Mental-, die Emotional- oder die Seelenebene nimmt, ermöglicht Veränderungen im Hier und Jetzt. Dieser Zugang ist allerdings kein fixer Zustand, der, einmal erlernt, ständig fortbesteht. Vielmehr ist es ein Zustand, der zu jeder Sekunde neu entsteht.

 

Natürlich lässt sich der Körper nicht von den mit ihm verbundenen Ebenen völlig lösen und ein Training kann sich niemals nur auf eine einzige Ebene beziehen. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, alle Ebenen zur gleichen Zeit im gleichen Maße einzusetzen. Somit entsteht ein Zustand, in dem Körper, Geist und Seele gleichzeitig und gleichwertig präsent sind. Erst in diesem Zustand können alle Energien ungehindert durch den Körper fließen, ihn verlassen oder durch ihn aufgenommen werden.

 

Dies beschreibt nach meinem Verständnis den Ki-Zustand.

Ein Zustand der absoluten Unvoreingenommenheit und Neutralität.

 

Zu diesem Thema kann man viel schreiben und somit viel lesen. Doch auch das Lesen dieser Thematik spricht wiederum nur unsere mentale Ebene an. Unser Verstand versteht und wir bilden uns eine Meinung. Dies ist sehr eindimensional und es zieht keinerlei Erfahrung mit sich. Es produziert lediglich Wissen und Verständnis (im Sinne von Verstehen, nicht von Toleranz).

 

Erfahrung ist der einzige Weg zur Veränderung.

 

 

 

Veröffentlicht: März 2007/ Toshiya